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Menschen auf der Flucht

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Schon immer mussten Menschen ihren Wohnort verlassen, mussten in andere Länder oder Regionen flüchten. Krieg, Hunger, Armut, Naturkatastrophen, politische, religiöse und ethnische Auseinandersetzungen trugen dazu bei, dass nicht nur einzelne Menschen, sondern große Gruppen ihre Heimat verlassen mussten. Als Folge der Französischen Revolution 1789 verließen erstmals viele politisch Verfolgte Frankreich und gingen in alle Länder Europas. Geschätzt 150.000 Menschen gingen ins Exil.

Ein beliebter Zufluchtsort war die Schweiz, die zum Vorreiter modernen Asyls wurde. Der Kanton Zürich erließ 1836 ein Gesetz, das Ausländer*innen den Aufenthalt erlaubte, wenn sie wegen eines politischen Verbrechens außerhalb der Eidgenossenschaft nach Zürich flohen.

1905 gab sich Großbritannien ein erstes Ausländergesetz. Viele verarmte Ausländer*innen wollten über England in die USA auswandern, strandeten aber hier. Zahlreiche Jüd*innen flüchteten vor Pogromen aus Russland, ihnen sollte Zuflucht gewährt werden.

Als Flüchtling werden laut Artikel 1 der Genfer UN-Flüchtlingskonvention von 1951 Menschen anerkannt, die sich außerhalb ihres Heimatlandes befinden und wohlbegründete Furcht haben müssen, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in ihrem Heimatland verfolgt zu werden.

Heute versteht man unter Asyl vor allem das „politische Asyl“, das anerkannten politischen Flüchtlingen gewährt wird, die sich im Ankunftsland um Asyl bewerben müssen und damit einen Antrag auf Schutz und auf rechtliche Anerkennung der eigenen Flüchtlingseigenschaft, stellen.

Wird diesem Antrag stattgegeben, gilt man als anerkannter Flüchtling. Diesem werden sowohl das Bleiberecht als auch die meisten der Rechte von Staatsbürger*innen dieses Landes befristet oder dauerhaft gewährt. Ein Flüchtling hat sowohl das Recht darauf, in sein Heimatland zurückzukehren, wenn es ihm sicher erscheint, als auch auf Einbürgerung, also darauf, die Nationalität des Ankunftslandes anzunehmen.

Die Konvention von 1951 erkennt wirtschaftliche Not, Naturkatastrophen, Klimaveränderung oder Krieg nicht explizit als Fluchtgründe an.

Auf den Seiten des Buches findest du rote Zahlen, daneben eine Jahreszahl. Hier wird aufgelöst, welche Fluchtbewegung dort auf der Weltkarte dargestellt ist.

1. 1917: Nach der Oktoberrevolution flüchteten viele Menschen aus Russland. (Zahl nicht bekannt, Ziel: Europa, vor allem Berlin)

2. Aus dem deutschen Reich flüchteten in der Zeit von 1933 – 1945 Jüd*innen in die verschiedensten Weltrichtungen. So unter anderem nach:

Argentinien 45.000
Australien 8.600
Belgien 30.000
Bolivien 7.500
Brasilien 16.000
Chile 13.000
Dänemark 2.000
Dominikanische Republik 1.100
Ecuador 4.000
Frankreich 30.000
Jugoslawien 7.000
Kanada 6.000
Karibik 3.500
Kolumbien 5.000
Kuba 6000
Mexiko 1.500
Niederlande 30.000
Norwegen 2.000
Palästina 55.000
Paraguay 1.000
Peru 2.000
Polen 25.000
Schweden 3.200
Schweiz 7.000
Shanghai 20.000
Slowakei 5.000
Südafrika 26.000
Syrien 3.000
Ungarn 3.000
Uruguay 7.500
USA 102.000
Vereinigtes Königreich 52.000

Diese Zahlen beruhen auf Schätzungen, da viele Flüchtlinge ohne gültige Papiere flüchteten und die aufnehmenden Länder nicht alle registrierten.

3. 1947: Nach der Teilung Britisch-Indiens in Indien und Pakistan waren etwa 20 Millionen Menschen auf der Flucht: Moslems zogen nach Pakistan, Hindus nach Indien.

4. 1948: Als der Staat Israel seine Unabhängigkeit erlangte, wurden 700.000 arabische Palästinenser*innen aus Palästina vertrieben.

5. 1956: Aus Ungarn flüchteten nach dem gescheiterten Aufstand ca. 180.000 Menschen vor allem nach Österreich.

6. 1959: Die Besetzung Tibets durch China führte dazu, dass bis zu 150.000 Tibeter*innen in andere Länder (v.a. Indien) flüchten mussten.

7. 1960: Eine Million Flüchtlinge als Folge des Algerienkriegs, die europäische Minderheit im Land floh nach der Unabhängigkeit fast vollständig, vor allem nach Frankreich.

8. 1968: Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Paktes verließen bis zu 200.000 Flüchtlinge ihre Heimat. (v.a. Richtung Westeuropa)

9. 1971: Während des Bangladesch-Krieges waren etwa 40 Millionen Menschen auf der Flucht, u.a. nach Indien.

10. 1955 bis 1975: Der Vietnamkrieg verursachte die Flucht von ca. 6 Millionen Menschen aus Südvietnam (u.a. sogenannte Boatpeople).

11. 1979: Der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan führte dazu, dass 3 Millionen Menschen nach Pakistan und in den Iran flüchteten.

12. 1984/1985: Durch eine Hungersnot in der Sahelzone und Äthiopien flüchteten mehrere hunderttausende Menschen (in anliegende Gebiete).

13. 1989–fortlaufend: Während des Kaschmir-Konfliktes waren/sind etwa 300.000 bis 700.000 Menschen auf der Flucht, innerhalb der Länder Indien und Pakistan.

14. 1991–1999: Die ethnischen Konflikte im ehemaligen Jugoslawien trieben Millionen Menschen in die Flucht (vor allem Europa).

15. 1991: 1,5 Millionen Kurd*innen aus dem Irak flohen vor irakischen Angriffen in den Iran.

16. 1994: Bürgerkrieg und Völkermord in Ruanda lösten die Flucht von 2 Millionen Ruander*inen in die Nachbarländer aus.

17. 1989 – 2001: Der afghanische Bürgerkrieg löste die Flucht von 7 Millionen Afghan*innen aus, vor allem in die benachbarten Länder Pakistan und Iran.

18. 2003 – 2009: Aufgrund des Krieges und von Terror flüchteten ca. 5 Millionen Iraker*innen, teilweise als Binnenflüchtlinge innerhalb Iraks.

19. 2005: Durch Zwangsräumung des Armenviertels nahe der Hauptstadt von Simbabwe wurden 2 Millionen Menschen vertrieben, sie versuchten vor allem, nach Südafrika zu gelangen.

20. Bis 2009: 200 000 Tamil*innen flüchteten vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka. (Europa, u.a. Schweiz)

21. 2010: Die Überschwemmungskatastrophe in Pakistan machte tausende Menschen zu Umweltflüchtlingen.

22. Seit 2011 sind im Rahmen des syrischen Bürgerkrieges mehrere Millionen Menschen aus Syrien geflüchtet (Europa).

23. 2022 Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine flüchten Millionen Menschen aus ihrem Land. (Europa, v.a. Polen, Moldawien, BRD)

24. Seit „Jahrzehnten“ flüchten zwischen 50.000 bis 250.000 Menschen aus Südamerika über Mexiko in die USA, Grund: wirtschaftliche Verhältnisse, Kriminalität.

25. ab 2018 von Nicaragua nach Costa Rica, Mexiko, USA 80.000 Personen, Grund: politische Auseinandersetzungen und aus Honduras, El Salvador, Guatemala Richtung Norden, inzwischen kommen sie meist nur noch bis nach Mexiko. Fluchtgründe sind neben politischen Auseinandersetzungen Vulkanausbrüche, Hurrikane, Armut.

Nicht eingezeichnet:

Zwischen 1939 und 1950 fand eine Völkerwanderung statt, die etwa 25 bis 30 Millionen Menschen erfasste und nicht nur aus Flüchtlingen und Vertriebenen bestand. Kinder kehrten aus der Kinderlandverschickung zurück, Hunderttausende ehemals Evakuierter kamen nach Hause. Millionen ehemaliger Soldaten, befreiter KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter*innen waren unterwegs, um in ihre Heimatländer zurückzukehren. Die größte von Migration betroffene Gruppe waren etwa 14 Millionen Deutsche, die zwischen 1944 und 1950 aus ihren Wohnorten vertrieben wurden, die heute zu Polen (Ostpreußen, Schlesien) und Tschechien (Sudetenland) gehören.

Mehr zu diesem Thema findest du hier:

https://www.annefrank.org/de/anne-frank/vertiefung/die-fehlenden-moglichkeiten-zu-fluchten-judische-emigration-1933/
(zuletzt aufgerufen am 14. März 2023)

https://www.bpb.de/themen/holocaust/gerettete-geschichten/177609/exillaender-juedischer-fluechtlinge-aus-dem-deutschen-reich/
(zuletzt aufgerufen am 14. März 2023)

https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/flucht_und_vertreibung/fluechtlingsstroeme-106.html
(zuletzt aufgerufen am 14. März 2023)


Unsere Quellen für diese Webseite und die Seite im Buch:

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/229817/kleine-globalgeschichte-der-flucht-im-20-jahrhundert/
(zuletzt abgerufen am 14. März 2023)

https://blog.tagesanzeiger.ch/historyreloaded/index.php/1466/die-groessten-fluechtlingsstroeme-der-letzten- hundert-jahre/
(zuletzt abgerufen am 14. März 2023)

https://www.dw.com/de/migranten-in-den-usa-flucht-in-eine-bessere-zukunft/a-57419852
(zuletzt abgerufen am 14. März 2023)

https://de.wikipedia.org/wiki/Einwanderung_in_die_Vereinigten_Staaten
(zuletzt abgerufen am 14. März 2023)

https://www.bpb.de/themen/holocaust/gerettete- geschichten/177609/exillaender-juedischer-fluechtlinge-aus-dem-deutschen-reich/
(zuletzt abgerufen am 14. März 2023)

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